Donnerstag, 24. März 2016

über Urteile und Gerechtigkeit...

Heute um 12 Uhr wird das Urteil gegen Radovan Karadzic verkündet. „Ich erwarte meinen Freispruch“ meinte er gestern dazu.  Als „Präsident“ der 1992 von ihm ausgerufenen "Republika Srpska" war Karadzic die treibende Kraft und geistiger Brandstifter einer Politik der „ethnischen Säuberung“. Muslime, Kroaten und andere Minderheiten, für die in einem ethnisch reinen Serbenstaat kein Platz vorgesehen war, wurden von bosnisch-serbischen Soldaten und paramilitärischen Banden aus ihren Wohnungen und Häusern gejagt, die Männer erschossen, Frauen während der Gefangenschaft systematisch vergewaltigt. Die Anklage gegen ihn umfasst elf Punkte, neben Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch und das ist der wichtigste Punkt: den des Völkermords.
Es geht nicht um Hass oder darum in der Vergangheit zu verharren und die Geschichte wieder und wieder durchzukauen. Heute schaut Bosnien nach Den Haag, in der Hoffnung, dass der Gerechtigkeit wenigstens etwas Genüge getan wird. Denn, wenn es etwas nicht gab und gibt in Bosnien, dann ist es Gerechtigkeit. Kriegsverbrecher wie Karadzic und Mladic konnten jahrelang unbehelligt, normal leben, heute noch sollen um die 400 mutmasslichen Kriegsverbrecher in öffentlichen Ämtern tätig sein, 21 Jahre nach Kriegsende werden immer noch Personen vermisst, findet man immer wieder neue Gräber. Und solange das der Fall ist, kann man die Vergangheit nicht aufarbeiten. Dieses Urteil heute wird hoffentlich ein Schritt in die richtige Richtung sein. Nicht wegen Karadzic. Kostenlose medizinische Versorgung, regelmässige Mahlzeiten, westlicher Standard im Gefängnis sind kaum eine angemessene Strafe, angesichts der menschenverachtenden Verbrechen, die er zu verantworten hat. Aber Den Haag könnte heute ein Zeichen setzen oder wie man bei uns so schön sagt: nicija nije gorila do zore - Jedem wird seine gerechte Strafe zuteil. 
In Gedanken bin ich heute vor allem bei jeder Frau, die einen Bruder, Sohn, Vater verloren hat oder vergewaltigt wurde. Nach allem, was diese Frauen in Srebrenica, Prijedor usw. durchgemacht haben, verdienen sie nicht nur unser Mitgefühl, sondern auch unseren Respekt und Unterstützung:
Mitgefühl für ihren Verlust, Respekt vor ihrer Stärke, Unterstützung in ihrem Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit!