Donnerstag, 28. Februar 2013

neki ljudi su kao vegeta, u sve se mijesaju :-)


Gelästert und getratscht wird überall, egal welchen Migrationshintergrund man hat. Bei den einen weniger, bei den anderen mehr, bei uns Balkaneros viel mehr :-) Ich weiss nicht, warum es so ist, aber mir fällt immer wieder auf, wie ausgeprägt unser Bedarf ist, zu tratschen und unter dem Deckmantel des Wohlwollens und Sorge, das Leben anderer ausgiebigst zu kommentieren, als hätten wir kein eigenes, um das wir uns kümmern sollten. Wie ausgeprägt dieser Bedarf ist, sieht man an der mahalusa (mahala - Viertel, Kiez). Die mahalusa ist eine Lästerschwester, die unbeliebteste Person im Viertel aber trotzdem die begehrteste Gesprächspartnerin, erfährt man doch von ihr immer den neuesten Tratsch. Das Prinzip mahalusa funktioniert in etwa so: Ich höre nur die Hälfte, verstehe gerade mal ein Viertel, erzähle aber das Doppelte.  

(Nach diesem Prinzip war ich in den letzten zehn Jahren etwa  fünf Mal verheiratet und schon wieder geschieden, außerdem zehn Mal schwanger und dass nix aus mir geworden ist, sehen wir ja) Und so wie in der DDR damals kaum was vor der Stasi verborgen blieb, haben wir Balkaneros unseren Casi,  "Carsija-Sicherheitsdienst" (Carsija-Marktplatz)  ein dicht verflochtenes Netzwerk aus Freunden und Bekannten, in dem jeder jeden und dessen Schwager kennt und das Wort PRIVATSPHÄRE sowas von keine Bedeutung hat. Die Lästerschwestern sind ein wesentlicher Bestandteil und tragen sehr zum Informationsfluss bei, indem sie dafür sorgen, dass dieser stetig fliesst. Das einzig Gute daran ist: dieser Informationsfluss in der carsija hält die Jugend davon ab, Mist zu bauen, denn lügen und verstecken ist nicht. Habe heute noch einen Freund meines Vaters vor Augen, als er mich bei einer heimlichen Zigarette hinterm Haus erwischte und meinte: Recu te babi - ich sage es Deinem Vater :-) 



Mittlerweile bin ich immun gegen Lästerangriffe jeder Art und reagiere nach dem Motto: je weniger ich weiss, umso weniger Kopfschmerz habe ich. Doch manchmal denke ich mir, wie schön einfach das Leben doch wäre, wenn jeder erstmal seine avlija - Hof fegen würde, bevor er sich an einem anderen zu schaffen macht :-)

Mittwoch, 27. Februar 2013

der Satte versteht den Hungrigen nicht...

sit gladnog ne razumije sagt man bei uns und daran musste ich denken, als ich vor kurzem einen interessanten Post einer Deutsch-Serbin aus Bosnien las, die in sehr schönen Worten darüber schrieb, wie sinnlos Hass ist.   Einige Fragen drängten sich mir dann beim Lesen auf:
kann eine Mutter, die ihren Sohn, eine Schwester, die ihren Bruder, eine Frau die ihren Mann verloren hat, weiterleben, ohne zu hassen?
kann ein junger Mann, der als Kind im Krieg 53 Granatsplitter abgekommen hat und für den Rest seines Lebens halbseitig gelähmt ist, weiterleben, ohne zu hassen?
kann eine Frau, die mit Mitte 20 ihr Bein verloren hat, weiterleben, ohne zu hassen?
kann eine Frau, die vergewaltigt wurde, weiterleben, ohne zu hassen?
Diese Beispiele stehen für Menschen, die ich kenne, von denen ich weiss, dass sie es können, weil sie es wollen, weil sie es müssen und ich habe ehrlichen Respekt davor, denn ich weiss nicht, ob ich das könnte und ich hoffe, das nie herausfinden zu müssen. Was mich schon zur nächsten Frage bringt: Dürfen wir, die wir das Glück hatten damals hier zu sein, deren Hintern vom Krieg verschont blieb, die wir Hunger nur solange kannten, bis wir zu Hause waren, dürfen wir den Menschen, die die Hölle auf Erden hatten, von Vergebung predigen und erzählen, wie schlimm und sinnlos Hass ist?  mir mir mir niko nije kriv, ist das so einfach und dürfen wir so anmassend sein? Worauf ich hinaus will ist: Hass liegt wie die Liebe in der Natur des Menschen und hat man das erlebt, was den Menschen von Kroatien bis zum Kosovo passiert ist, ist Hass nicht gerechtfertigt, aber nachvollziehbar. Ja, Hass ist sinnlos, vor allem wenn wir ihn hier fernab von allem, ausleben, mit nationalistischen Parolen um uns werfen (im Stuttgarter Raum sehr beliebt: Autoschilder S-RB und S-DA) und  Patriotismus so definieren, dass wir einmal im Jahr mit vollem Geldbeutel runterfahren, aber dann den Kopf wegdrehen und auf blind und taub schalten, um das Elend, das es nach wie vor gibt, nicht zu sehen. 18 Jahre ist es nun her, dass dieser unsägliche Krieg ein Ende fand: zu lang her um noch zu hassen aber noch zu früh, um schon zu vergeben, habe ich das Gefühl.

Montag, 25. Februar 2013

man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kamen Menschen...

schrieb Max Frisch 1975 in Bezug auf die Gastarbeiter. Der Begriff Gastarbeiter tauchte übrigens bereits in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs als Bezeichnung für ausländische Zivilarbeiter auf, die gegen Entlohnung in der NS-Kriegswirtschaft tätig waren. 
Von den 14 Millionen Gastarbeitern, die bis zum Anwerbestopp 1973 nach Deutschland kamen, gingen elf Millionen zurück in ihre Heimatländer, der Rest blieb und schlug hier Wurzeln. Passend zum Thema hier ein paar interessante Zahlen:
Die größte Gruppe unter den Ausländern machen die Türken aus, von denen etwas mehr als 1,6 Millionen in Deutschland leben. Von der ehemals größten Gruppe, den Italienern, lebten 2009 noch gut 500.000 in Deutschland. Wie bunt Deutschland inzwischen ist, sieht man an diesen Fakten: 
2010  hatten bereits mehr als ein Fünftel der hier lebenden Menschen einen Migrations-hintergrund aus immer mehr verschiedenen Herkunftsländern und -kulturen. In den 70ern kamen drei Viertel von ihnen aus fünf Ländern (Italien, Spanien, Griechenland, Türkei und Jugoslawien). Heute dagegen verteilen sich drei Viertel der Einwanderer auf mehr als 80 Herkunftsgruppen. Das Jahresgutachten 2010 des SVR Migration nennt die Städte Frankfurt am Main und Stuttgart als Beispiele für die wachsende Heterogenität der Gesellschaft: Dort stammen die Zuwanderer bereits seit der Jahrtausendwende kontinuierlich aus mehr als 170 Ländern. Der Ausländeranteil in der Bundesrepublik lag 2009 mit knapp neun Prozent knapp über dem Durchschnitt in Europa. In der Schweiz dagegen betrug er 21 Prozent, in Luxemburg stolze 43 Prozent. 
Beunruhigend finde ich allerdings das hier:
Laut dem Statistischen Bundesamt hatten im Jahr 2010 etwa 20 Prozent der Migrantenkinder keinen allgemeinen Schulabschluss, während dieser Wert bei den deutschstämmigen Bundesbürgern nur 2,6 Prozent betrug. Der Menschenrechtskommissar der Vereinten Nationen (UN) kritisierte im Jahr 2007 vor allem die frühe Aufteilung der Kinder auf die Schulformen und die geringe Durchlässigkeit des deutschen Schulsystems. Betrachtet man die Zahlen zum Thema Berufsabschluss, so fehlt ein solcher rund 44 Prozent der Menschen mit ausländischer Herkunft; bei Bürgern ohne Migrationshintergrund sind es etwa 20 Prozent. So ist es kaum erstaunlich, dass Menschen mit ausländischer Herkunft im Alter von 25 bis 65 Jahren fast doppelt so häufig erwerbslos sind wie deutschstämmige. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat festgestellt, dass nur in wenigen Ländern Menschen mit Migrationshintergrund über ein schlechteres Qualifikationsniveau verfügen als in Deutschland.
Im Zuge der Diskussion um den Fachkräftemangel hier noch eine interessante Zahl: Experten schätzen, dass die BRD einen Zuzug von ca. 500.000 Menschen pro Jahr bräuchte, um die wirtschaftliche Stabilität des Landes, unter anderem für das Rentensystem zu sichern. 

Samstag, 23. Februar 2013

über die pubertäre Identitätsschizophrenie eines Gastarbeiters 2.0

Als wäre die Pubertät an sich nicht schon hässlich und anstrengend genug, erschwert der Migrationshintergrund diese Entwicklungsphase erheblich, ist zumindest meine Erfahrung.
Denn man kämpft an allen, wirklich allen Fronten: In Deutschland bist Du "der Ausländer", in Bosnien "die Deutsche" und zu Hause versuchen Dich Eltern zu erziehen, denen das Schreckgespenst des Identitätsverlustes im Kopf rumspukt und die am Gastarbeitersyndrom leiden. Meine Theorie ist ja, dass die Gastarbeiter 1.0 fernab der Heimat, wesentlich strenger und konservativer waren, als sie es zu Hause gewesen wären, wogegen ja erstmal nichts spricht. Verlogen und heuchlerisch wurde es aber dann, wenn man die deutsche Mark akzeptierte aber nicht den deutschen Freund der Tochter. Ganz so krass waren meine Eltern zum Glück nicht drauf, aber wir hatten es nicht immer leicht - weder  ich mit ihnen, noch sie mit mir. Sie haben sich tapfer geschlagen, habe ich ihnen neben dem üblichen Pubertätskram doch einiges zugemutet. Von 15 bis 19 war Trotz nicht nur eine vorübergehende Erscheinung, sondern meine Lebenseinstellung und Motivation von allem was ich tat, unterteilt in zwei Phasen: eine "deutsche", in der ich so cool wie meine Schulkameraden sein wollte und alles bosnische verleugnete, zu Hause nicht reagierte, wenn mich meine Eltern auf bosnisch ansprachen und sie mit Moscheebesuchsverweigerung, second hand-grunge-Klamotten und einer Glatze schockte.(Die erste und einzige Ohrfeige klatsche mir meine Mutter, als sie mich mit kahlem Schädel sah :-)) und dann eine "bosnische" als ich mit ca. 17 merkte, dass sich bei den Deutschen einschleimen eh nix bringt und nur darauf lauerte und wartete, dass mir einer blöd kommt oder meinen Namen falsch ausspricht.  Mein Weg zur goldenen Mitte war echt anstrengend, um es so zu sagen: bila sam
Bedenkt man, was sie sich alles wegen mir anhören durften, bewundere ich im Nachhinein meine Eltern für ihre Ruhe und Standhaftigkeit. Angefangen von den Lehrern, die sich über meine ausgeprägte  Renitenz beschwerten, über die blöden Kommentare in der samstäglichen Tratsch- und Klatschstunde auf dem Marktplatz, dass es doch Zeitverschwendung ist, mich aufs Gymi zu schicken, da ich sowieso heiraten würde bis hin zu den Nachbarn, die regelmässig gegen die Wand schlugen, sobald ich die Musikanlage anschmiss - die Liste war lang :-)  Rückblickend und jetzt, da ich selber einen Gastarbeiter 3.0 zu Hause habe, verstehe ich sie ein Stück weit besser, denn ganz allein auf weiter Flur hatte es die 1.0 Generation tatsächlich nicht einfach. In einem fremden Land bei null anzufangen, ohne Freunde und Familie, die einem den Rücken freihält, nur damit es den eigenen Kindern irgendwann mal besser geht erfordert Mut und Stärke. Und ganz ehrlich: ich weiss nicht, ob ich mich das trauen würde...
Soviel zu meiner pubertären Identitätsschizophrenie - Mama, Papa, ich liebe Euch trotzdem :-)

Freitag, 22. Februar 2013

Balkan-Lieblingsbuch "Der Derwisch und der Tod"

Ich habe keine zwei Herzen, eins das hasst und eins, das liebt. Das eine Herz, das ich habe, kennt nur Trauer. Mein Leben, mein Tod gehört Gott, doch meine Trauer gehört nur mir"  
Wie verhalten sich Menschen in Zeiten der Unterdrückung und Rechtlosigkeit? Wie stellen sich die religiösen Führer zu den Rechtsbrüchen und Verbrechen der weltlichen Führer? 
Mit diesen Fragen beschäftigt sich Mesa Selimovic in "Der Derwisch und der Tod". Im Mittelpunkt seines Romans steht ein Derwisch, religiöse Respektsperson, der in einem Derwischkloster (tekija) zurückgezogen lebt und sich vom weltlichen Treiben möglichst fernhält. Eines Tages wird er unmittelbar mit der Unterdrückung durch die Machthaber konfrontiert, als ein Gefangener seinen Bewachern entwischt und gehetzt Zuflucht bei dem Derwisch sucht. Nur durch unentschlossenes Nichtstun ermöglicht er dem Flüchtling das Überleben. Als zur gleichen Zeit sein eigener Bruder in die Mühlen der Willkür gerät, versucht der Derwisch, sein Wissen um die Schwächen der Menschen zur Rettung seines Bruders einzusetzen. Doch selbst menschlicher Verrat kann die Ermordung seines Bruders nicht verhindern.Von diesem Moment an ändert sich das Leben des Derwisch: seine so lange bewahrte innere Ruhe erweist sich ihm immer mehr als Flucht vor der Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen und als Feigheit vor den Forderungen des Lebens. Als eine öffentliche Äußerung der Trauer über die Ermordung seines Bruders ihn selbst in die Einzelhaft einer dunklen, feuchten Zelle führt, beginnt der innere Konflikt in ihm an Schärfe zu gewinnen.
Im Mittelpunkt seiner inneren Kämpfe steht immer wieder der Konflikt zwischen dem Gehorsam gegenüber den Forderungen des Koran und den unhaltbaren gesellschaftlichen und politischen Zuständen. Selimovic schildert die innere Situation eines Volkes, das zwischen den muslimischen Reich der Türken und dem abendländischen Christentum zerrieben wird. Die Heimatlosigkeit und Hoffnungslosigkeit einer weitgehend desorientierten Gesellschaft schlägt sich in Fatalismus und Emigration in die Religiosität nieder. 
Die eigentliche Handlung schreitet nur sehr langsam voran und schlägt sich mehr in den inneren Kämpfen des Protagonisten nieder. Melancholie und verzweifelte Ergebenheit in das Schicksal prägen die inneren Monologe des Derwischs. 
Wer sich an dieses Buch wagt, sollte sich Zeit dafür nehmen und von vornherein die Vorstellung einer spannenden Handlung aufgeben. Er erhält dafür Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt eines Volkes an der Nahtstelle zweier Kulturen.
Wer zu faul zum Lesen ist, hier der Film: Dervis i smrt

Mesa Selimovic besuchte in seiner Geburtsstadt Tuzla das Gymnasium und schrieb sich 1930 an der Philosophischen Fakultät der Universität Belgrad ein. Seinen Abschluss machte er dort 1934 und arbeitete bis 1941 an Schulen in Tuzla. Dort erlebte er auch die ersten zwei Jahre des 2. Weltkriegs. Im Mai 1943 floh er in befreites Gebiet und schloss sich dort den Partisanen an. Ab 1947 lebte Selimović in Sarajevo und arbeitete dort als Professor an der Pädagogischen Fakultät, künstlerischer Leiter von Bosna-Film, Direktor des Nationaltheaters und Redakteur bei dem Verlag Svjetlost. 
Selimovics Ethnizität führte, besonders seit dem Zerfall Jugoslawiens, immer wieder zu Kontroversen. Wenngleich er in Bosnien als Kind einer muslimischen Familie zur Welt kam, betonte er zu verschiedenen Gelegenheiten, dass er Serbe ist. In seinen Memoiren Sjećanja schreibt er, dass er die Wurzeln seiner Familie bis zur serbisch-orthodoxen Drobnjaci-Sippe in der östlichen Herzegovina zurückverfolgen konnte. Selimović wurde mehrfach für den Nobelpreis vorgeschlagen, erhielt ihn jedoch nie.

Donnerstag, 21. Februar 2013

wenn Migrantenkinder schwäbanski schwätzen :-)

Diesen Artikel Hochdeutsch für Schwaben habe ich mit Vergnügen gelesen, bestätigt er doch genau das, was ich mir immer wieder denke, wenn ich Schwobe schwätza höre :-)
Allerdings muss ich mir da aber auch an die eigene Nase greifen, denn als "reingeschmeckte" hat sich auch bei mir das eine oder andere hasch, willsch, kannsch und die obligatorische Verniedlichung (Schätzle usw.)  im Sprachgebrauch eingeschlichen. Richtig lustig wird es aber immer dann,  wenn Ausländer mit gleichem Migrationshintergrund miteinander reden, sie  schaffen es nicht, das Gespräch konstant in einer Sprache zu führen, sondern kommunizieren in einem Mischmasch aus zwei Sprachen. Faszinierend daran ist, mit welcher Selbst-verständlichkeit und Leichtigkeit es geschieht, so als ob es eine komplett neue und in sich logische Sprache wäre. Auf schwäbanski (schwäbisch und bosanski) wird dann eben aus "Schmeckt es Dir?  Schmecka li?" oder "Hast du Putzmittel da? imas li Putzmittel?" und der Klassiker: "Also, mach's gut - Hajde, tschüssle" :-) 

Mittwoch, 20. Februar 2013

wie erklärt man einem Nicht-Balkanero den Unterschied...

zwischen Cufte, Cevapi und Pljeskavica und das auch noch auf englisch? Nachdem mich die Situation etwas überfordert hatte und ich Andrew eine gute Antwort schuldig geblieben bin, hier eine ausführliche Erläuterung:

Cufte, gekocht
500 Gramm.Rinderhackfleisch
2 Eier
1 Teelöffel Paprika-Gewürz
1 Zwiebel gewürfelt
4 Knoblauchzehen gepresst 
Salz, Pfeffer
100 gr.Semmelbrösel oder eingeweichtes Brot
4 Esslöffel Milch
alles gut miteinander vermengen, Bällchen formen, scharf anbraten und dann bei kleiner Hitze gute 40 Minuten kochen.

Cevapi, gegrillt
In Deutschland auch als Cevapcici bekannt, tut mir in den Ohren weh :-)

500 Gramm Hackfleisch, Klassiker: Lamm und Rind
1 Knoblauchzehe gepresst
Petersilie
1 Teelöffel Paprika-Gewürz
Salz und Pfeffer
alles gut miteinander vermengen, Cevape formen und ab auf den Grill



überaus praktisch: 
EInfach Fleisch rein, durchpressen, Cevape abschneiden. Gibt es auf ebay oder von einem Balkanero mitbringen lassen.









Pljeskavica, gebraten
500 Gramm Hackfleisch: Kalb und Rind

1 Teelöffel Paprika-Gewürz, edelsüß
1 Teelöffel Paprika-Gewürz, scharf
1 Zwiebel gewürfelt
4 Knoblauchzehen gepresst 
3 eingeweichte Brötchen
Salz, Pfeffer

alles gut miteinander vermengen, Frikadellen formen und in der Pfanne braten. 

Wer im Stuttgarter Raum wohnt und zu faul zum Kochen ist, empfehle ich die Ascinica Ziki. Das ist ein kleines Restaurant im Stuttgarter Süden, Böheimstr. 51, 70199 Stuttgart. Ziki ist die Besitzerin und Köchin, die mit viel Liebe und Hingabe ausgezeichnetes bosnisches Essen anbietet. Sehr zu empfehlen auch die Cevabdzinica Kewser im Stuttgarter Osten.

Dienstag, 19. Februar 2013

Friede, Freude, Palačinke

Eine meiner frühesten und liebsten Erinnerungen ist die, wie ich mit meiner Mutter in der Küche stehe und mit ihr Palatschinken mache. Palataschinken haben nichts mit Schinken zu tun, sondern sind ein leckeres Überbleibsel der Österreicher, wesentlicher Bestandteil des BMI und mein Lieblings-Balkan-Soulfood und schlechte-Laune-Killer. Palatschinken (auf dem i betont, entlehnt aus tschechisch palačinka zu lateinisch placenta „Kuchen“; (gesprochen: Pala-tschinken)) sind dünner und feiner als der übliche Pfannkuchen. Sie werden außer in Österreich auch in allen ehemaligen Kronländern des früheren Kaisertums Österreich bzw. der Österreichisch-Ungarischen Monarchie sowohl süß als auch pikant gefüllt zubereitet und gegessen. 
Hier mein ultimatives Palačinke-Rezept:
3 Eier
1 Messerspitze Salz
Zucker und Zimt nach Geschmack und Augenmaß, wie man bei uns sagt od oka :-)
350 Gramm Mehl
1/2 Liter Milch
1/4 Liter Mineralwasser mit Kohlensäure
für den Knusperknick extra: 4 Butterkekse fein in den Tein reinbröseln
That's all, Nutella oder Marmelade drauf und gut ist :-)


Übrigens:  Friede, Freude, Eierkuchen war auch das von Dr. Motte ausgerufene Motto der ersten Love Parade 1989, das anfangs in erster Linie nötig war, um die Parade als Demonstration deklarieren zu können. Dabei stand „Friede“ für Abrüstung, „Freude“ für Musik als Mittel der Völkerverständigung und „Eierkuchen“ für eine gerechte Nahrungsmittelverteilung.

Montag, 18. Februar 2013

über Kleinstadtmief mit brauner Soß'

Als Kind bosnisch-muslimischer Gastarbeiter  in einer schwäbischen Kleinstadt aufzuwachsen, in der "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann" nicht nur ein Kinderspiel  und schwarz-braun eine beliebte Farbkombination des Geistes ist, ist vor allem eins: eine Herausforderung :-) Und auch wenn man selber nicht darüber nachdenkt, wer man ist, weil man einfach ist wer man ist, sorgt das oben beschriebene Umfeld dafür dass man es nicht vergisst. (Was für ein Satz, sorry, seht es mir nach, mir ist gerade nichts besseres eingefallen :-) ) Ein paar dieser kleingeistigen Zeitgenossen haben es auch gute 20 Jahre nach meiner Schulzeit in meine All-time-top 10 der Ignoranten geschafft:
Almuth Sch. zum Beispiel, meine Grundschullehrerin empfahl meinen Eltern nach den Orientierungsprüfungen in der vierten Klasse, trotz guter Noten, den Hauptschulbesuch für mich mit der Begründung: Ich würde mich aufgrund der Schülerzusammensetzung, sprich Ausländeranteil dort sicher wohler fühlen. Wie old school die gute Frau drauf war, sieht man auch an der Tatsache, dass sie mich in der zweiten Klasse vom Links- zum Rechtshänder umerziehen wollte und mich nur die Hartnäckigkeit meiner Mutter vorm Schulpsychologen bewahrt und dann auch aufs Gymnasium gebracht hat.
Oder Ralf W., Mutter Ordnungsbeamtin und ganz groß im Strafzettel verteilen, Vater Hauptschullehrer, Mitschüler aus der Unterstufe und bestes Beispiel für das papageiähnliche Aufsaugen und Nachschwätzen blöder Stammtischparolen. Einer seiner Lieblings"witze" war: "Allah ist groß, Allah ist mächtig, Allah hat eine Schuhgröße von 3 Meter 60" , besonders lustig, wenn er sich seinen Pulli turbanmäßig um den Kopf wickelte und wild dazu gestikulierte... ha ha......Weniger kreativ war er allerdings bei seiner Standardbeleidigung, statt "blöde Kuh" sagte er einfach "blöde Fatma", wenn ich etwas sagte, was ihm nicht passte- laaaaaaaaangweilig. Nervig allerdings fand ich seine Standardantwort, wenn einer von uns drei Ausländern in der Klasse, ein Türke, eine Griechin und ich uns über etwas beschwerten und er dann den   blödesten aller Kommentare von sich gab: "Verpisst Euch doch, wenn es Euch nicht passt."  Da frage ich mich doch: wohin, bitte??? :-) Einen mastercard-unbezahlbar-kharma-strikes-back- Moment hatte ich dann Jahre später, als uns der türkische Mitschüler beim Klassentreffen erzählte, dass er inzwischen Deutscher und Polizist ist - Ralfs Blick in dem Augenblick KÖSTLICH :-) Um Missverständnissen vorzubeugen, dass sollte kein Klagelied auf meine leicht schizophrene Pubertät (diesen Thema widme ich einen extra post) und etwas schräge Schulzeit werden, im Gegenteil, ich hatte das Glück, dass sich in meinem persönlichen Umfeld Ablehnung und Angenommensein gut die Waage hielten. Rückblickend bin ich dankbar für jede Erfahrung der Ablehnung, denn diese Momente haben  mich in meiner Persönlichkeit reifen lassen, mein Selbstbewusstsein gestärkt aber sie haben vor allem eins: Das Interesse an meinen Wurzeln, meiner Herkunft geweckt.  Bei einer Diskussion genau zu diesem Thema fiel letztens ein Satz, der mir sehr gefallen hat:
Man kann nicht in einer vorurteilsfreien Umgebung leben. Das einzige, was man tun kann, ist die eigenen Vorurteile zu reduzieren. Mehr kann man nicht machen. Gut gebrüllt, Löwe :-)


Samstag, 16. Februar 2013

hier was Gutes auf die Lauscherchen...

immer wenn mich der Balkan-Blues packt, ich mich am liebsten ins Auto setzen und nach Bosnien fahren würde, höre ich Muris Varajic,  zum Leidwesen meiner Nachbarn in voller Lautstärke :-) Muris ist ein begnadeter Musiker, der sich das Gitarrenspiel im Kriegssarajevo 1993 selber beibrachte und mittlerweile mit den ganz Großen von Tifa bis Indexi gespielt hat. Mehr über Muris http://murisvarajic.com.
relax and enjoy :-)



Freitag, 15. Februar 2013

glaube nie einem Balkanero, wenn er sagt, er sei Pazifist...

Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen. Albert Einstein


Das  International Institute for Sustainable Development veröffentlichte vor kurzem in Genf eine Studie über den privaten Waffenbesitz in den einzelnen Ländern weltweit. Bei dem Ergebnis drehte sich mir der Magen um. Dass die USA an erster Stelle stehen, lag auf der Hand, Wild Wild West und so. Dass aber der Balkan Lateinamerika und Südafrika toppt, hätte ich nie vermutet. Denn gleich vier Balkan-Länder führen nach den USA die traurige Liste an: 
Serbien: Einwohnerzahl 7.276.604, auf 100 Einwohner 58 Waffen
Mazedonien: Einwohnerzahl 2.022.547, auf 100 Einwohner 24 Waffen
Montenegro: Einwohnerzahl 632.261, auf 100 Einwohner 23 Waffen
Kroatioen: Einwohnerzahl 4.437.460, auf 100 Einwohner 21 Waffen

Scheint, als hätte die Balkaneros nichts aus dem letzten Krieg gelernt und Gott steh uns bei, wenn dieses Pulverfass nochmal in die Luft geht...


Donnerstag, 14. Februar 2013

statt Herzchen, Blumen und Pralinen heute ein Foto



Und zwar ein Foto, das an den 14.02.1945 erinnern soll, dem Tag, als die jugoslawische Armee Mostar befreite. Auch wenn es in Bosnien kein offizieller Feiertag ist, wird heute der Soldaten und Opfer der beiden letzten Kriege in verschiedenen Veranstaltungen gedacht. 
Die Zeilen des Graffitis an einer Hauswand in Mostar stammen aus einem Gedicht von Miso Maric:

Nije sloboda stigla iz bajke,
Nju su za sinove dobile majke.
Die Freiheit kam nicht wie im Märchen.
Mütter bekamen sie für ihre Söhne.

Nije sloboda sa neba pala,
Za nju je sestra tri brata dala.
Die Freiheit fiel nicht vom Himmel
Schwestern gaben für sie drei Brüder.

Nije sloboda stigla niz vodu,
Dali smo očeve za slobodu.
Die Freiheit floss nicht mit dem Wasser.
Wir opferten unsere Väter dafür.

Dienstag, 12. Februar 2013

Yugoslavija, ten points!

war das erste, glaube ich, was ich auf Englisch sagen konnte. Denn eine Veranstaltung war für meine Eltern so wie für die meisten Gastarbeiter Pflicht: der Eurovision Song Contest oder wie wir sagen: Evrovizija. Fernab der Heimat, liebt man diese umso mehr und zelebriert sie bei jeder Gelegenheit. So versammelten sich jedes Jahr sämtliche Jugos der Gegend im Klub, schauten den Grand Prix Eurovision de la Chanson und feierten, dass sie Jugos waren. Denke ich an die Evrovizija, höre ich das Jubeln, wenn "wir" viele Punkte bekamen und das Meckern und Fluchen, wenn "wir" keine bekamen, als ob es so wichtig gewesen wäre oder irgendetwas geändert hätte...
Seit fast 30 Jahren habe ich kaum einen Song Contest verpasst, nicht weil ich unbedingt auf die Musik stehe, der Gegenteil ist der Fall, sondern weil der Grand Prix Eurovision de la Chanson (isch liebe es) eine schräge Parallelwelt ist, laut, bunt, sorglos und es einfach Spass macht zu lästern, zu jubeln, wenn wir Punkte bekommen und zu meckern und zu fluchen wenn wir keine bekommen :-)
Hier meine persönlichen Highlights:
Gänsehaut-Momente
http://www.youtube.com/watch?v=Hs-Bmme7qdI
Das erste bosnische Voting aus dem besetzten Sarajevo 1993, 20 Jahre später habe ich immer noch Gänsehaut.
http://www.youtube.com/watch?v=IyhuC9rDeFY
Wunderschönes Lied, fantastischer Auftritt, grandioses Herzschlag-Finale, bei dem Bosnien einen verdienten 3. Platz holte.
http://www.youtube.com/watch?v=DO1cfoVXr3c
Der ESC in Jerusalem, das Lied passte perfekt.
Gute Laune-Momente
http://www.youtube.com/watch?v=eTuIcCH6uUI
http://www.youtube.com/watch?v=UW9Xbwn8kwo
http://www.youtube.com/watch?v=UkIFRPw17PQ
http://www.youtube.com/watch?v=7gqDpEyWG5g
Respect-Momente
http://www.youtube.com/watch?v=JljgnyTbTzM
Hip Hop meets Classic, tolle Idee, fantastische Tänzer!
http://www.youtube.com/watch?v=RaDzCySXhqQ
Lord of the Dance, kein weiterer Kommentar nötig.
http://www.youtube.com/watch?v=32lpdFS7rPM
Music is the strongest bridge..
Fremdschäm-Momente, AFRIKA PAPRIKA - no comment :-D
http://www.youtube.com/watch?v=U8pPjHT_32I, besonders peinlich ab 02:56
und der Klassiker: http://www.youtube.com/watch?v=lXxs7NUgmUo

Sonntag, 10. Februar 2013

wer singt, denkt nichts Böses..

sagt man bei uns und grundsätzlich stimme ich diesem Sprichwort zu, sind wir doch von Slovenien bis Albanien ein musikalisches Volk, mit einer ausgeprägten Tradition, gerade was die Musik und Folklore angeht. Doch es gibt eine Musikrichtung, die geht gar nicht, vielmehr definiere ich diese Musikart als reinste Körperverletzung und ich bin überzeugt, die Erfinder und Vorreiter dieses Stils haben nicht nur das erwähnte Sprichwort noch nie gehört, sie haben das Böse verinnerlicht. Ich rede vom Turbo-Folk, musikalischem Fast Food, billig, geschmacklos und schwer im Magen liegend. Anspruchslose, um nicht zu sagen bescheuerte Texte, voller Pathos, Schmalz, Herzschmerz und meistens blutjunge Sängerinnen, oft hässlich operiert und durchweg eins: künstlich from hair to toes. Jedes Mal wenn ich eines dieser Mädels in ihrem knappen Outfit, das auf eine, finde ich entwürdigende Art, mehr zeigt, als verbirgt, denke ich mir:  
1. Herr, schmeiss Hirn ran
2. Niveau ist keine Creme
3. Stil ist nicht das Ende eines Besens
Was mich aber eigentlich nervt und erschrickt ist die Tatsache, dass die Cecas und Jelenas dieser Welt Vorbilder sind und  durch ihre Erscheinung, ihr pseudo-emanzipiertes Auftreten und die Lieder Sachen gut heissen, die mit einer gesunden Lebenseinstellung und Selbstbewusstsein gar nichts zu tun haben. Nun könnte man an der Stelle sagen: Nermina, mach mal locker, lass die Kirche bzw. Moschee im Dorf und ja, natürlich hat jeder das Recht, die Musik zu hören, die er will und ja natürlich haben auch diese Sängerinnen eine Daseinsberechtigung, aber ganz ehrlich wünschen wir das unseren Töchtern? Dass Sie mit dem Gefühl aufwachsen, dass sie nur mit einem bestimmten BMI und Aussehen in und cool sind? Dass das Glück und der Sinn des Lebens nur aus teuren Autos, flüchtigen Abenteuern, durchgefeierten Nächten und ´glänzendem Bling Bling besteht???
Über Vice's Guide to the Balkan, passend zum Thema Turbo-Folk, habe Tränen ich gelacht :-)


warum der BMI, wie wir ihn kennen, in Bosnien nix wert ist

BMI steht in Bosnien nämlich für Bosnischer Mäst Index, ist meine Theorie. An dieser Theorie arbeite ich schon lange, erlebe ich doch seit Jahren immer das Gleiche, wenn ich meine Familie und vor allem meine Lieblingstante Sevda, Kosename Sevdalinka besuche: Tür auf, herzliche Umarmung, zwei fette Knutscher, sie ein Schritt zurück, scharfer, kritisch-besorgter Blick und dann die Frage: Hast du schon wieder abgenommen??? Du bist so dünn! Kind, Du musst mehr essen. Und dann folgt das Notfall-Mäst-Programm, das soviele Kalorien beinhaltet, dass es jemanden wie mir, die ich irgendwo zwischen Sophie Dall und Kate Moss bin, eine gute Woche reicht. Meine Tante Sevdalinka jedenfalls setzt neue Maßstäbe im Mästen, ist sie doch eine old school-balkanero-mama, was das Kochen und Backen angeht. Ihre Speisekammer wäre für jeden Bio-Reformhaus-Konsumenten das reinste Paradies, beim Anblick der Pflaumenmarmelade, den eingelegten Gurken, dem Ajvar bis zum Granatapfelsirup alles selber und mit Liebe gemacht. Womit wir schon bei meiner zweiten Theorie wären: Wegen dieser Liebe schmeckt unser Essen auch so gut.  Auch eine interessante Theorie, allerdings nicht von mir, zum Thema Bosnier, Liebe und Essen: statt ihrem Kind zu sagen, dass es ihn/sie liebt, stellt die balkanero-mama einen Blech pita hin und sag: Kind, nimm pita. Denke ich da an meine eigene Mutter, muss ich sagen, an der Theorie ist was dran :-)
Uns geht es beim Essen nicht nur darum satt zu werden, Essen heisst bei uns geniessen und das beste Kompliment das man der Köchin machen kann, ist Nachschlag zu verlangen. Und gerade was leckeres Essen angeht hat die bosnische Küche einiges zu bieten, angefangen vom deftigen Fleisch/Gemüseeintopf  "Bosanski lonac", den obligatorischen Cevapi oder wie die Deutschen gerne sagen Cevapcici, über die sarma, Kohlblätter mit Hackfleisch gefüllt, der dolma, gefüllte Paprika bis hin zur pita, meinem Favoriten und absoluten Pflicht bei jedem Bosnien-Besuch. Pita ist salziger Blätterteig mit verschiedenen Füllungen, Hackfleisch, Kürbis, Kartoffeln oder Spinat und Feta und dazu Jogurt. Perfekte Ergänzung und krönender Abschluss eines guten Essens bei uns sind der Kaffee und etwas Süßes. Wobei "etwas" in Zusammenhang mit bosnischen Desserts doch sehr verharmlosend klingt, sprengt doch jede einzelne Nachspeise sämtliche Ernährungsempfehlungen und Ratschläge zur bewussten, gesunden Ernährung, unter 10 Eiern, 500 Gramm Zucker und Butter pro Kuchen geht bei uns nichts. Womit wir wieder bei meiner Theorie des BMI wären :-) Freunden der bosnischen Küche, empfehle ich eine kleine aber feine App für iPhone und Android namens Bosanska Sofra mit Originalrezepten aus Bosnien, viel Spass beim Kochen und/aber vor allem beim Essen!

Dienstag, 5. Februar 2013

jeder hat jemanden, den er nicht hat...

Unglücklich verliebt zu sein gehört dazu, macht jeder mindestens einmal in seinem Leben mit. Doch bei uns Balkaneros ist dieses unglücklich-verliebt-sein noch einen Tick trauriger, emotionaler, melodramatisch um nicht zu sagen kitschiger als im Allgemeinen. Der perfekte Soundtrack einer unglücklichen Liebe ist der Sevdah, der Balkan Blues, der seine Wurzeln im osmanischen Bosnien des 16. Jahrhunderts hat und vom Saz, Akkordeon oder der Gitarre begleitet wird. Die Texte muten für uns, die wir unsere Beziehungen nicht mehr in "dass der Tod uns scheidet" sondern in Lebensabschnitten definieren, vielleicht etwas komisch an,  etwa wenn die Tochter der Mutter ihr Leid klagt, weil ihr Liebster mit einer anderen REDET....und doch geht es ans Herz, denn Sevdah hört man nicht nur, Sevdah fühlt man, lebt man. Eine unglückliche Liebe ist oft das Thema eines Sevdahs, ob es die verheiratete Nachbarin ist, auf die man ein Auge geworfen hat,  das wunderschöne Mädchen, dessen man nicht würdig ist, der junge Soldat, den man in seiner Hochzeitsnacht in den Krieg ruft oder die Frau, die den Tod ihres Mann nicht verkraftet und kurz nach ihm stirbt...Aber die unglückliche Liebe gilt oft nicht nur einer Person, sondern auch einer Stadt, einer Region. Geprägt von einer unglückseligen Geschichte, die man seit Jahrhunderten immer wieder mit Blut schreibt, ans Fliehen gewohnt, ist der Balkanero im Allgemeinen, der Bosnier im Besonderen vor allem eins: nostalgisch und sentimental. So wird oft die Schönheit Sarajevos besungen, an Mostar kommt sowieso keiner vorbei oder Bosnien als solches: Bosno moja, divna mila, mein Bosnien, liebes, wunderschönes.
Erwähnt sei an dieser Stelle Aleksa Santic aus Mostar dessen "Emina" die Jahrhunderte überdauerte und immer noch zeitlos schön ist: (leider habe ich keine gute deutsche Übersetzung gefunden und ich selber traue mich da nicht ran)

Sinoć, kad se vratih iz topla hamama,
Prođoh pokraj bašte staroga imama;
Kad tamo, u bašti, u hladu jasmina,
S ibrikom u ruci stajaše Emina.

Last night, returning from the warm hamam,
I passed by the garden of the old imam,
And lo, in the garden, in the shade of a jasmine,
There with a pitcher in her hand stood Emina.

Ja kakva je, pusta! Tako mi imana,
Stid je ne bi bilo da je kod sultana!
Pa još kad se šeće i plećima kreće…
- Ni hodžin mi zapis više pomoć neće!…

What beauty! By my faith I could swear,
She wouldn’t be ashamed if she were at the sultan’s!
And the way she walks and her shoulders move . . .
–Not even a hodja’s amulet could help me!

Ja joj nazvah selam. Al’ moga mi dina,
Ne šće ni da čuje lijepa Emina,
No u srebren ibrik zahitila vode
Pa po bašti đule zalivati ode;

I offered her salaam, but by my faith,
Beautiful Emina wouldn’t even hear it.
Instead, scooping water in her silver pitcher,
Around the garden she went to water the roses.

S grana vjetar duhnu pa niz pleći puste
Rasplete joj one pletenice guste,
Zamirisa kosa ko zumbuli plavi,
A meni se krenu bururet u glavi!

A wind blew from the branches down her lovely shoulders
Unraveling those thick braids of hers.
Her hair gave off a scent of blue hyacinths,
Making me giddy and confused!

Malo ne posrnuh, mojega mi dina,
No meni ne dođe lijepa Emina.
Samo me je jednom pogledala mrko,
Niti haje, alčak, što za njome crko’!…

I nearly stumbled, I swear by my faith,
But beautiful Emina didn’t come to me.
She only gave me a frowning look,
Not caring, the naughty one, that I’m crazy for her!

Sinoć, kad se vratih iz topla hamama,
Prođoh pokraj bašte staroga imama;
Kad tamo, u bašti, u hladu jasmina,
S ibrikom u ruci stajaše Emina.

Last night, returning from the warm hamam,
I passed by the garden of the old imam,
And lo, in the garden, in the shade of a jasmine,
There with a pitcher in her hand stood Emina.

Ja kakva je, pusta! Tako mi imana,
Stid je ne bi bilo da je kod sultana!
Pa još kad se šeće i plećima kreće…
- Ni hodžin mi zapis više pomoć neće!…

What beauty! By my faith I could swear,
She wouldn’t be ashamed if she were at the sultan’s!
And the way she walks and her shoulders move . . .
–Not even a hodja’s amulet could help me!

Ja joj nazvah selam. Al’ moga mi dina,
Ne šće ni da čuje lijepa Emina,
No u srebren ibrik zahitila vode
Pa po bašti đule zalivati ode;

I offered her salaam, but by my faith,
Beautiful Emina wouldn’t even hear it.
Instead, scooping water in her silver pitcher,
Around the garden she went to water the roses.

S grana vjetar duhnu pa niz pleći puste
Rasplete joj one pletenice guste,
Zamirisa kosa ko zumbuli plavi,
A meni se krenu bururet u glavi!

A wind blew from the branches down her lovely shoulders
Unraveling those thick braids of hers.
Her hair gave off a scent of blue hyacinths,
Making me giddy and confused!

Malo ne posrnuh, mojega mi dina,
No meni ne dođe lijepa Emina.
Samo me je jednom pogledala mrko,
Niti haje, alčak, što za njome crko’!…

I nearly stumbled, I swear by my faith,
But beautiful Emina didn’t come to me.
She only gave me a frowning look,
Not caring, the naughty one, that I’m crazy for her!


Hier ein paar meiner Favoriten,  tolle Künstler wie Damir Imamovic, Mostar Sevdah Reunion und Amira Medjunani, die die klassischen Sevdah-Elemente auf eine wundervolle Art mit modernen Jazz und Pop-Elementen kombinieren, hope you like it!



Nicht zu vergessen, die Großmeister rahm. Safet Isovic und Himzo Polovina, unverwechselbar und einzigartig: 
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Sehr empfehlenswert ist auch die Doku "Stories of Sevdah" die die Geschichte des Sevdah auf eine wunderschöne Art und Weise erzählt  Wenn ihr mal schlecht drauf seid, nehmt euch die Stunde Zeit, schaut sie euch in Ruhe an und gebt euch eurem Gefühl hin, es lohnt sich.

über deutsche Gründlichkeit gepaart mit Balkanero-Gelassenheit...

Die Überschrift bezieht sich auf meine Selbstdefinition "deutsches Hirn, bosnische Seele". Nicht, dass ich den Deutschen die Seele absprechen will aber im direkten Vergleich siegen die Balkaneros.
Ist vom Balkan die Rede, denke ich als erstes an Herzlichkeit, Gastfreundschaft und Großzügigkeit. Ganz krass habe ich das während meiner Schulzeit gemerkt. Immer wenn ich Freunde mitbrachte, empfing sie meine Mutter nicht mit der Frage: Wollt Ihr was essen? sondern Was wollt Ihr essen? Während ich bei deutschen Freunden schon froh sein konnte, wenn man mir ein Glas Wasser anbot:-) Eine typische Situation, wenn wir unterwegs waren: War ich mit deutschen Freunden zusammen, hatte jeder seine Schachtel Zigaretten, die man brav für sich rauchte, während es bei meinen ausländischen Freunden egal war, wer wessen Zigaretten rauchte und ob man überhaupt welche dabei hatte. Familie ist auch so ein Thema: ich kenne keine Balkanero- Familie, die ihr Kind mit 18 sich selbst überlässt, weil es ja nun volljährig ist, im Gegenteil: Studium oder Arbeitsplatz in einer anderen Stadt und Hochzeit sind die zwei einzigen Begründungen, die einen Auszug aus dem elterlichen Nest rechtfertigen :-) Überhaupt sind Familie und Gott das Wichtigste für uns, was ich sehr schön finde, so old school das jetzt auch klingt. Denn Familie heißt für mich nicht, sich an Weihnachten zu besuchen oder Geburtstagsgeschenke vorbeizubringen. Familie ist für mich der sprichwörtliche Fels in der Brandung, der sichere Hafen der Ruhe, wenn mal wieder alles drunter und drüber geht und das Chaos regiert. Als mein Vater im Krankenhaus lag, wunderte sich eine deutsche Arbeitskollegin, wieso ich ihn jeden Abend besuche und dort übernachte. Ob denn sonntags nicht reichen würde? war ihre erstaunte und erstaunliche Frage. Erstaunlich für mich deswegen, weil es mein Vater und nicht irgendein Bekannter war, von dem wir redeten.
Ist vom Balkan die Rede, denke ich an "merak", für das ich leider immer noch keinen passenden deutschen Begriff gefunden habe und den Genuss des Moments beinhaltet, das "süße Nichtstun" nennen es die Italiener.
Ist vom Balkan die Rede, denke ich an die Gelassenheit, die in unserer Mentalität verwurzelt ist, an die stoische Ruhe, mit der wir Situationen, Ereignisse hinnehmen und erstmal abwarten, was denn weiter passiert.
Ist vom Balkan die Rede, denke ich  aber auch an Korruption, Unverbindlichkeit und Unzuverlässigkeit, die sich dann ergibt, wenn die oben erwähnte Gelassenheit ausartet. Würde ich jetzt nach Bosnien ziehen, bräuchte ich sicher erst einmal ein gutes Jahr, um mich daran zu gewöhnen, dass es keine Mülltrennung, Strassenverkehrsordnung, geregelte Öffnungszeiten bei Ämtern gibt. Oder dass bestimmte Jobs nicht die. mit den besten Zeugnissen sondern die, mit den engsten Verwandten an der richtigen Stelle bekommen. Oder dass Kostenvoranschläge von Handwerkern ebenso wie ihre Terminzusagen eigentlich nichts wert sind. Wegen solchen Sachen lebe ich gerne in Deutschland, da kann ich mich wenigstens darauf verlassen, dass ich bei grün auch tatsächlich über die Strasse gehen kann oder der Zebrastreifen seinen eigentlichen Zweck erfüllt...Und einmal mehr lache ich gerade über mich selber, weil ich mal wieder tief in die Klischee-Kiste gegriffen habe, seht es mir nach, bitte, ich spreche aus leidvoller Erfahrung :-D
" Deutsche Gründlichkeit gepaart mit Balkanero-Gelassenheit" hat sich bei mir im Alltag gut bewährt und ist etwas was ich beiden wünsche: Den Deutschen mehr Gelassenheit, den Balkaneros mehr Gründlichkeit :-)

Sonntag, 3. Februar 2013

wieso diese ganze Integrationsdebatte nervt...

Ich bin ein Integrationsdebattenverweigerer, ein Integrationsdebattenpunk, der Integrationsdebattenanti-Christ sozusagen. Wieso? Weil ich so deutsch bin, dass mich meine Familie in Bosnien auslacht, weil ich den Müll trenne. Weil ich so deutsch bin, dass ich regelmäßig die Kehrwoche mache und nicht einfach nur das Schild weiterhänge. Weil ich so deutsch bin, dass ich im Elternbeirat und jetzt kommt's im Wohnungseigentümerverwaltungsbeirat bin (ohne Witz, heisst wirklich so) gell da gucksch?
Im Ernst, diese ganze Debatte oder wie der Schwob secht Gschwätz nervt, weil es dreissig Jahre zu spät kommt. Man mag es der ersten Generation Gastarbeiter, den Deutschen und der Regierung zugute halten, dass damals alle davon ausgingen, dass die Gastarbeiter genau das wären,  Gäste, die sowieso nicht lange bleiben würden, es somit egal wäre und genau das ist das Problem. Wie wenig man über dieses Thema nachdachte, zeigt ein typisches Phänomen jener Zeit: In den Produktionshallen großer Unternehmen, wie z.B. dem mit dem Stern, bildeten sich Gruppen, streng nach Nationalität geteilt und kam ein neuer Mitarbeiter wurde er einfach der jeweiligen Gruppe übergeben, womit sich die Einarbeitung und auch sonstige nervige Gespräche in gebrochenem Ausländerdeutsch von selbst erledigten. Aber man somit dem Mitarbeiter auch die Möglichkeit nahm, richtig Deutsch zu lernen. Meine Mutter hatte 25 Jahre lang einen Vorarbeiter, der mit ihr auf dem Niveau Du bringen, Du machen kommunizierte und sie bei Fragen zu einer kroatischen Kollegin schickte, demententsprechend lange dauerte es auch, bis halbwegs vernünftiges Deutsch sprach. Integration ist immer beidseitig, die deutsche Gesellschaft kann sie nicht erzwingen aber sie erleichtern.
Passend zum Thema noch eine Geschichte, über die man lachen könnte, wenn sie nicht so traurig wäre:
Wieso ist Emine nicht integriert?

Freitag, 1. Februar 2013

über Klischees als geistige Spams...

Als Frau, Mutter, Migrantenkind und Muslima besetze ich auf den ersten Blick einige Klischees und lebe mit Stempeln, die mir aufgedrückt werden. Ob es der Personaler ist, der mich vor einigen Jahren, als ich einen Ausbildungsplatz suchte, im Bewerbungsgespräch fragte, ob mir denn mein Vater überhaupt eine Ausbildung erlaubt, der Arbeitskollege, der es nicht verstand, dass man auch ohne Schweinefleisch gut leben kann oder die Nachbarin, die meinte für eine Ausländerin spräche ich ja gutes Deutsch und würde ja gar net wie "SO EINE" aussehen. Da frage ich mich doch:
1. wie sieht "SO EINE" aus? Geblümte Bluse zum gestreiften Rock und kariertem Kopftuch, ausgetretene Latscher und Aldi-Tüte statt Handtasche?
2. wieso sollte ich kein gutes Deutsch sprechen?
3. ist Schweinefleisch tatsächlich so lecker?
Klischees dieser Art liebe ich, weil ich  mich selber als lebende Gegenbeweis sehe und darüber lachen kann und natürlich denke ich auch selber in Klischees, ich erwische mich immer wieder dabei, gerade wenn es um die Schwoben geht :-) Dünn wird das Eis allerdings, finde ich, wenn es um den Job geht. Der oben erwähnte Arbeitskollege, Anfang 50, Urschwob aus Balingen, der ohne Witz, Deutschland bis auf  Urlaube in Venedig und Bibione, noch nie verlassen hatte, ist das perfekte Beispiel wie Klischees zu geistigen Spams werden. Ich mag ihm noch nicht mal eine bewusste Ausländerfeindlichkeit unterstellen, ich glaube er ist mit der Angst vorm schwarzen Mann aufgewachsen und kennt es einfach nicht anders. Mit ihm zu arbeiten, war trotzdem anstrengend:  So lehnte er einen türkischen Bewerber mit der Begründung ab, mit Türken arbeitet er nicht, weil ihn die "Basarmentalität" nervt. Dass der besagte Bewerber super Zeugnisse hatte und gut qualifiziert war, interessierte ihn weniger. Bei jedem Ausländer griff er so tief in die Klischee-Kiste, dass ich manchmal regelrecht geschockt war. Vom faulen Italiener bis zu den Arabern, die wie Schläfer aussehen und eh alle krank und inzestuös sind, da sie ihre Cousinen heiraten war alles dabei.  Was lernen wir daraus? Wir brauchen einen gesellschaftlichen Spam-Filter oder wie Albert Einstein einmal passend sagte: Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.