Mittwoch, 10. Juli 2013

es waren 8372...


es waren 8372 Kinder, Jungs, Männer
heute wären sie 
Familienväter
Lehrer
Rechtsanwälte
Handwerker
was auch immer sie wären
sie wären vor allem eins:
am Leben!!!

In Gedanken bei jeder Mutter, Tochter, Schwester
In Gedenken an jedes unschuldige Opfer
Mögen Eure Seelen Frieden finden, Euer Tod nicht umsonst gewesen sein...

Dienstag, 9. Juli 2013

welches Geräusch macht der Schmerz?

ist es die gruselige Stille des Vergessens, unterbrochen vom kalten Wind, der durch Zweige und Büsche fegt? Sind es die Tausende von Stimmen, die leise die "Fatiha" ein letztes Gebet für die Toten sprechen? Ist es die Träne, die aus dem Auge einer Mutter, einer Tochter, einer Schwester auf den Boden fällt? Ist es das Klatschen der Erde, während sie auf die Särge fällt? Gibt es überhaupt ein Geräusch für den Schmerz, den die Hinterbliebenen der Opfer von Srebrenica empfinden?
Heute kamen sie in Potocari an, die Transporter mit den Särgen, nachdem sie auf ihrem Weg durch Bosnien von Tausenden verabschiedet wurden. 409 weitere Opfer, die identifiziert wurden, darunter ein Neugeborenes.Übermorgen, an diesem schwarzen 11.07. an dem sich eines der schlimmsten Massaker der jüngeren Geschichte jährt, werden sie begraben:
Bericht Al Jazeera

Freitag, 5. Juli 2013

liebes Bosnien, Bosno moja divna, mila...

warum machst Du es mir eigentlich so schwer Dich zu lieben? Dich zu lieben ist wie einen großen Löffel Eurokrem pur zu essen: im ersten Moment süß und lecker, doch so bitter und stark im Nachgeschmack, dass einem fast übel wird. Du erinnerst mich manchmal an das schwarze Schaf in der Familie, den missratenen Sohn, der bis zur Pubertät ein Vorzeigeschüler war und dann auf Abwegen gerät während die Eltern nur bangen und hoffen, dass ihr Kind nicht versumpft. 

Ich würde Dich so gerne bedingungslos lieben, denn es ist Deine Erde, in der meine Wurzeln vergraben sind, es sind Deine Sonnenuntergänge, an die ich mich immer erinnern werde, es sind Deine Gebetsrufe in den frühen Morgenstunden, die meine Seele nähren und doch kann ich es nicht, wenn ich sehe, dass Du den Schreckgespestern des Hasses Zuflucht gewährst...
Und einmal mehr denke ich in diesem Zusammenhang an den grossartigen Mesa Selimovic, der in so guten Worten seiner Hassliebe zu Bosnien Ausdruck verlieh: 
Schlau sind sie, diese Leute. Sie nehmen die Faulheit Ostens, mischen es mit den Annehmlichkeiten des Westens. Sie haben es nicht eilig, das Leben an sich eilt schon, sie wollen nicht wissen was, was morgen passiert, es kommt wie es kommt, es liegt sowieso nicht in ihrer Hand. Zusammen sind sie nur in der Not, deswegen meiden sie einander. Sie glauben nur wenigen, aber am leichtesten kriegt man sie mit Schmeicheleien und schönen Worten. Sie sind alles andere als Helden, doch von Drohungen lassen sie sich nicht einschüchtern. Lange Zeit kümmern sie sich um nichts, egal ist es ihnen, was um sie herum passiert, doch auf einmal wollen sie alles ganz genau wissen, drehen jeden Stein einzeln und dann verfallen sie wieder in ihre Lethargie. Sie wollen sich nicht erinnern und auch nicht erinnert werden. Angst haben sie vor Veränderungen und ein Mensch selbst wenn er ihnen Gutes tut, wird ihnen schnell langweilig. Seltsam sind sie, küssen Dich auf die Wange, doch reden über Dich, lieben doch verurteilen Dich. Machen sich über Deine guten Taten lustig und erinnern sich nur an Deine Fehler. Schlecht, gut, weich, spröde, lethargisch, stürmisch, offen, geheimnisvoll - das sind sie und alles dazwischen...
Aber sie sind die meinen und ich der ihrer und alles, was ich über sie sage, gilt auch für mich!


warum singt die Trauer schöner als das Glück?

Heute Nachmittag sass ich im Auto, auf dem Heimweg nach einem stressigen, chaotischen Tag und stand wie so oft um die Zeit im Stau. Die Sonne schien und ich hörte Musik, Sevdah wie so oft, wenn es mir eigentlich gut geht aber eigentlich und irgendwie doch nicht... 
Ich hörte gerade die Best of von MSR als sich der LKW-Fahrer neben mir aus dem Fenster beugte und mir mit unverkennbar türkischem Akzent rüber rief: Bei diese Musik muss man trinken :-) 

Nun würde ich nicht unbedingt trinken aber ich verstand was er meinte und den restlichen Weg dachte ich darüber nach, erinnerte mich an eine Aussage des wunderbaren, leider viel zu früh verstorbenen rahmetli Omer Pobric, der einmal über den Sevdah sagte: 

warum singt die Trauer schöner als das Glück?

Diese Frage ist mehr als berechtigt, kennt man unsere Geschichte, weiss man wie wir ticken..
Über diese Frage denke ich auch jetzt gerade nach, während ich mit einem bittersüßen Lächeln diese Zeilen schreibe. Wieso singt die Trauer tatsächlich schöner als das Glück? Ist es unser Schicksal unglücklich zu sein? Ist Trauer die Kraft weiterzumachen? Ist es das Wissen dass etwas, dass jemand fehlt, das uns schmerzt während uns das Wissen dass am Ende alles gut wird tröstet?  Ein Widerspruch aber genau so sind wir, genau das ist der Sevdah, ein Schmerz den man nicht kennt aber gleichzeitig das Mittel, das den Schmerz heilt...
Man muss nicht trinken um den Sevdah zu verstehen, man muss nur sein Herz öffnen..