Freitag, 20. Februar 2015

der Luxus, zwei Heimaten zu haben...

eine Frage, die bei uns Erwachsene gerne kleinen Kindern stellen ist: koga vise volis, mamu ili tatu? wen liebst du mehr, Deine Mutter oder Deinen Vater? An diese Frage denke ich immer, wenn man mich nach meiner Heimat fragt. Denn genau so, wie es einem Kind schwer fällt, diese Frage zu beantworten, weil es die Frage nicht versteht und sie einfach doof findet, geht es mir. Vor kurzem hatten wir es im Büro von der PEGIDA, ein Kollege meinte, er hätte durchaus Verständnis für sie und wenn man als Ausländer hierher kommt, sollte man sich gefälligst entscheiden, sich voll und ganz mit den deutschen Werten identifizieren oder könne gleich wieder gehen, woraufhin ich ihm ein ziemlich entgeistertes "geht's noch?" an den Kopf warf. Die Überheblichkeit und Arroganz dieser Aussage, so berechtigt und zutreffend sie in Einzelfällen vielleicht sein mag, verstörte mich, zum einen gibt es keine "deutschen" Werte, die Werte einer intakten Gesellschaft definieren sich nicht über die Nation, sondern über Menschlichkeit und Vernuft, korrigiert mich bitte einer, wenn ich falsch liege. Zum anderen, klingt dieses ENTSCHEIDEN so endgültig, so "entweder oder" mäßig und das verstehe ich nicht, denn ich kann und will mich auch gar nicht entscheiden.Ich finde es schön, zwei Heimaten zu haben und so ist das, was ich gerade schreibe, eine Art Liebeserklärung an die zwei Orte, die mich von klein auf geprägt haben: 
Stuttgart, die Stadt mit dem Stern, klein aber fein, Großstadt gepaart mit dörflicher Überschaubarkeit, gut versteckte, wortkarge Herzlichkeit der Schwaben gepaart mit einer Offenheit "Fremdem" gegenüber, die man erstmal nicht vermutet, aber immer wieder fühlt und sieht. Als Hip Hop-Fan der ersten Stunde ist Stuggi meine 1ste Liebe


Genau so empfinde ich für Mostar.

Mostar ist mein Fluchtort, wenn ich Ruhe, Abstand und neue Energie brauche, sozusagen mein Gegengewicht an meiner seelischen Waage.
Und genau deswegen will und kann ich mich nicht entscheiden, denn Heimat prägt nun mal deine Identität und die kannst du nicht wie Schuhe an der Haustür ausziehen oder eine Jacke ablegen. Das, wo du herkommst und das wo du jetzt bist, vervollständigen erst das Mosaik deines Ichs. Wer das nicht versteht und eine Entscheidung verlangt, hat keine Ahnung wie schizophren das Leben zwischen zwei Kulturen sein kann und wie schön es ist, zwei Heimaten zu haben...
Heimat kann man nicht vererben. Sie ist in meinem Kopf. Und sie ist in meiner Seele. 
Horst Bienek (*1930), dt. Schriftsteller



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