Freitag, 5. Juli 2013

liebes Bosnien, Bosno moja divna, mila...

warum machst Du es mir eigentlich so schwer Dich zu lieben? Dich zu lieben ist wie einen großen Löffel Eurokrem pur zu essen: im ersten Moment süß und lecker, doch so bitter und stark im Nachgeschmack, dass einem fast übel wird. Du erinnerst mich manchmal an das schwarze Schaf in der Familie, den missratenen Sohn, der bis zur Pubertät ein Vorzeigeschüler war und dann auf Abwegen gerät während die Eltern nur bangen und hoffen, dass ihr Kind nicht versumpft. 

Ich würde Dich so gerne bedingungslos lieben, denn es ist Deine Erde, in der meine Wurzeln vergraben sind, es sind Deine Sonnenuntergänge, an die ich mich immer erinnern werde, es sind Deine Gebetsrufe in den frühen Morgenstunden, die meine Seele nähren und doch kann ich es nicht, wenn ich sehe, dass Du den Schreckgespestern des Hasses Zuflucht gewährst...
Und einmal mehr denke ich in diesem Zusammenhang an den grossartigen Mesa Selimovic, der in so guten Worten seiner Hassliebe zu Bosnien Ausdruck verlieh: 
Schlau sind sie, diese Leute. Sie nehmen die Faulheit Ostens, mischen es mit den Annehmlichkeiten des Westens. Sie haben es nicht eilig, das Leben an sich eilt schon, sie wollen nicht wissen was, was morgen passiert, es kommt wie es kommt, es liegt sowieso nicht in ihrer Hand. Zusammen sind sie nur in der Not, deswegen meiden sie einander. Sie glauben nur wenigen, aber am leichtesten kriegt man sie mit Schmeicheleien und schönen Worten. Sie sind alles andere als Helden, doch von Drohungen lassen sie sich nicht einschüchtern. Lange Zeit kümmern sie sich um nichts, egal ist es ihnen, was um sie herum passiert, doch auf einmal wollen sie alles ganz genau wissen, drehen jeden Stein einzeln und dann verfallen sie wieder in ihre Lethargie. Sie wollen sich nicht erinnern und auch nicht erinnert werden. Angst haben sie vor Veränderungen und ein Mensch selbst wenn er ihnen Gutes tut, wird ihnen schnell langweilig. Seltsam sind sie, küssen Dich auf die Wange, doch reden über Dich, lieben doch verurteilen Dich. Machen sich über Deine guten Taten lustig und erinnern sich nur an Deine Fehler. Schlecht, gut, weich, spröde, lethargisch, stürmisch, offen, geheimnisvoll - das sind sie und alles dazwischen...
Aber sie sind die meinen und ich der ihrer und alles, was ich über sie sage, gilt auch für mich!


2 Kommentare:

  1. Mesa Selimovic ist wirklich ein ganz großer Denker und Erklärer gewesen. Er verstand die Spaltung der Kulturen, und die kulturelle Auswirkung des Osmanischen Reiches. Ebenso sein Ende, und die Annahme des Islams der bosnischen Urbevölkerung. Hätte ich Andric und Selimovic nicht gelesen, wäre dieses Gebiet für mich niemals völlig unverständlich. - Eine Pflichtlektüre für jeden Bosnier. Machen Sie sich keine Illusionen, es wird sich niemals ändern. Das Gift der Eroberer, Vergewaltiger, Mörder und Pfähler steckt in uns allen, und deswegen werden wir immer so sein, wie Selimmovic beschieben hat. - Daher, gönnen Sie sich ein leckeres Eis, einen Urlaub auf Hawaii oder Südafrika, und träumen Sie von Giraffen, exotischen Ländern, Entdeckungen, leidenschaftlichen Nächten und Palmen. Träumen Sie einen schönen Traum, der ausnahmsweise mal nichts mit Bosnien und dem Drama zu tuen hat. Es gibt immer einen Ausweg, falls Sie ihn wollen, er ist aber nur als Einzelperson zu gehen, und den bosnischen Kaffee, kann man dennoch trinken. (Eine interessierte Leserin)

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  2. Liebe interessierte Leserin, die exotischen Länder, Entdeckungen und Palmen hatte ich mehr als genug aber ich gönne mir gerade in der Tat ein leckeres Eis :-) Bosnien ist tatsächlich der Ort an dem ich meine Batterien fülle, einfach weil die Menschen die ich liebe dort leben und weil Bosnien eben Bosnien ist. Es ist eine Tatsache, dass in Bosnien vieles im Argen liegt aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.
    liebe Grüße
    Nermina

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