Samstag, 31. Oktober 2015

egal, wie lange man bleibt - es ist immer zu wenig 5. Teil




der perfekte Moment...

beim morgendlichen Kaffee mit der Nachbarstochter Maida fragt sie mich, was heute ansteht. Am Abend vorher hatte es geregnet und es war angenehm kühl. Ich schaue zur Burg Stjepan Grad hoch, die man von unserem Balkon aus sieht und ich frage sie, ob sie für uns Touriführer spielen will. Eine Stunde später sind wir unterwegs und auf dem Weg hoch zur Burg verfluche ich in Gedanken jede einzelne Zigarette, die ich jemals geraucht habe. Meine Kleine und Maida, halb so alt wie ich, kraxeln fröhlich vor sich hin, singen, während ich nur damit beschäftigt bin zu ATMEN :-). Gute zwei Stunden sind wir auf dem ausgetretenen Trampfelpfad nach oben unterwegs und Maida amüsiert sich, fotografiert mich, wie ich so verschwitzt und ausser Atem da stehe. Bin so fertig, dass es nicht mal für eine gehässige Antwort reicht und wer mich kennt, weiss, wie selten das vorkommt :-) 


Doch oben angekommen, werde ich für jeden Schweisstropfen mit einem wunderschönen Blick auf Blagaj belohnt. Ich setze mich auf die Wand der Burgruine, zünde mir eine Zigarette an und denke im ersten Moment - NICHTS, ich geniesse die Freiheit und die Ruhe. Wenn es so etwas wie DEN perfekten Moment gibt, dann erlebe ich ihn jetzt in diesem Augenblick, während ich die Buna, die Stadt unter mir, die Wälder und die Berge um mich herum betrachte. Mein Blick bleibt an der Tekija hängen und einmal mehr fällt es mir schwer angesichts der atemberaubenden Schönheit, die passenden Worte zu finden.





Es ist ein faszinierendes Stückchen Erde und Geschichte hier, wie vieles in Bosnien.
Bevor die Türken die Region eroberten, war die Festung im Besitz des Herzogs Stjepan Vukčić Kosača. Von seinem Vornamen leitet sich der heutige Name der Festung ab. 
Der illyrische Stamm Daorsi (Dauersii, Daorsei) baute zwischen dem 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. eine befestigte Siedlung auf dem Gipfel am Oberlauf der Buna. Römer wandelten diese in ein Feldlager (castrum) um. Im 10. Jahrhundert hatte sich die auf den Ruinen der alten römischen Festungsmauern errichtete Burg zum Mittelpunkt der Hum-Region entwickelt. In der Folgezeit machten sich verschiedene Herrscher die Festungsstadt zu eigen: im 11. Jahrhundert besetzten die Fürsten von Zeta aus dem Kernland des heutigen Montenegro die Burg. Anschließend wurde sie vom serbischen Fürsten Stefan Nemanja beherrscht. Im ersten bosnischen Staat gelangte die Burg in den Besitz der bosnischen Könige und im Jahr 1428 in den Besitz der Feudalfamilie Kosača. Im Jahr 1465 eroberten die Türken die Burg und erweiterten sie durch große Türme, fünf Schanzen, ein Verlies und eine Moschee. Der Eingang wurde durch eine eisenbeschlagene Tür geschützt. Im Jahr 1827 wurde die Anlage bei einem Erdbeben schwer beschädigt und schließlich 1835 verlassen.



Meine Kleine ist von der Burgruine begeistert, erzählt gleich von dem bösen Drachen, der die Prinzessin in den Ruinen bewacht und dass sie gerettet werden muss. Das ist der Augenblick, in dem ich mir die Frage, die mich im Karawanketunnel so sehr beschäftigt hat selber beantworte: Ich bin erwachsen geworden und es war das dümmste, was ich je gemacht habe :-)

Wir verbringen einen wundervollen Nachmittag. Als wir nach Hause kommen, schläft meine Kleine fast im Stehen ein. Nach dem Baden schläft sie, ich mache mir einen Kaffee setze mich auf den Balkon und ein paar Zeilen aus einem Gedicht fallen mir ein 

Irgendwann versteh ich das vielleicht:
Ich kann werden, wer ich sein will, ich kann mir nehmen, was ich brauche,
und ich muss nicht länger suchen, weil längst bin, wo ich hingehöre...

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